Übersetzer und Dolmetscher bei der Textrekonstruktion

In der Textlinguistik werden Merkmale eines Textes definiert: Wann kann man von einem Text reden, wann geht es um bloße Ansammlung von Worten? Eine der Voraussetzungen des Textes ist, dass er kohäsiv, also mit formellen grammatischen Mitteln richtig gebildet ist. Damit hängt eng seine weitere Eigenschaft zusammen: Der Text muss kohärent, also aus der inhaltlichen Sicht sinnvoll sein.

Das Gehirn ergänzt InformationenDas Gehirn kann Informationen ergänzen, so dass aus einem nicht kohäsiven ein kohärenter Text entsteht, formell unrichtig verknüpfte Informationen korrigiert, fehlende Wörter oder Buchstaben ergänzt werden. Damit wird der Text rekonstruiert:

„TextrezipientInnen ‚denken mit‘. Sie ergänzen Textbausteine, wo solche fehlen, sie konstruieren Beziehungen zwischen Textelementen, auch wo diese nicht signalisiert sind, sie ordnen und gliedern die in einem Text gegebenen Informationseinheiten in sinnvoller Art und Weise, auch wenn an der Textoberfläche (…) eine andere Anordnung gegeben ist.“
Sowohl Dolmetscher als auch Übersetzer sind Rezipienten eines Textes (der Vorlage), den sie verarbeiten und einen neuen schaffen (die Übersetzung). Ihre Herangehensweise unterscheidet sich jedoch: Der Dolmetscher bildet eine kohärente Übersetzung, indem er bei mangelnder Kohäsion schnell den Text rekonstruiert, während dem Übersetzer besonders bei der Kontrolle seines übersetzten Textes jede mangelnde Kohäsion bewusst werden muss, damit sie korrigiert werden kann.