Gemälde zeigt an die hundert Sprichwörter

In der Berliner Gemäldegalerie der staatlichen Museen ist ein Ölgemälde von Pieter Bruegel d. Ä. (1525/30–1569) aus dem Jahr 1559 ausgestellt, auf dem Sprichwörter aus Malers Gegenwart abgebildet sind. Das Bild unter dem Namen ‚Niederländische Sprichwörter‘ fasziniert nicht nur mit einer verblüffenden Anzahl der dargestellten Sprichwörter – Fachleute haben über einhundert gezählt –, sondern auch mit ihrer karikaturistischen wörtlichen Darstellung an Dutzenden Figuren in einer verrückten Mikrowelt eines Dorfes an der Meeresküste.

Ausschnitt aus dem Bild Niederländische Sprichwörter
Auch auf diesem kleinen Abschnitt sind mindestens ein Dutzend Sprichwörter zu sehen:

aan een been knagen – am Bein nagen (langwierige, vergebliche Arbeit ausüben; alles ständig wiederholen)
bij de duivel te biecht gaan – beim Teufel zur Beichte gehen (Geheimnisse den Feinden verraten)
de blauwe huik iemand omhangen – über jemanden den blauen Mantel umlegen (jemanden betrügen)
de dag met manden uitdragen – das Licht mit Körben an den Tag bringen (Zeit verschwenden)
de een rokkent wat de ander spint – trocknen, was der andere spinnt (Tratsch weitererzählen)
de kat de bel aanbinden – der Katze die Schelle anhängen (ein Unternehmen ausposaunen; sich einer schweren Aufgabe unterziehen)
een kaars voor de duivel branden – eine Kerze für den Teufel anzünden (sich jedermann zu Freunden machen; jedermann schmeicheln)
hennentaster zijn – Hennentaster sein, sich um ungelegte Eier kümmern (Schürzenjäger sein; unter dem Pantoffel sein; gehörnt sein)
ijzervreter – Eisenfresser (Wichtigtuer)
in het harnas steken – in Harnisch sein (aufgebracht sein)
met twee monden praten – aus zwei Mündern sprechen (unaufrichtig sein)
tot de tanden bewapend zijn – bis an die Zähne bewaffnet sein

Nach ihren dominierenden Sprichwörtern wird die 117 × 163 cm große Leinwand manchmal auch der ‚Blaue Mantel‚ oder die ‚Verkehrte Welt‘ genannt. Es ist aber auch ein Zeugnis für eine vergessene niederländische Phraseologie im 16. Jh.: Einige Abbildungen konnten nicht identifiziert werden, und es wird vermutet, dass sie in den vergangenen Jahrhunderten nicht mehr gebraucht wurden, und daher in Vergessenheit gerieten.